Meer!!!
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Dienstag, 05. Dezember2006, 12h
Hallihallöchen!
Unser eigenes Internet funktioniert immer noch nicht, da die Firma irgendwelche Probleme bei der Freischaltung hat. Wenn in drei Tagen immer noch nichts passiert, kommt wohl ein Techniker. Nur sind Roberta und ich dann gar nicht hier… Ich hoffe mal dringend, dass die das vor Weihnachten noch irgendwie geregelt kriegen und ich dann im neuen Jahr fröhlich surfen kann und ihr die Berichte „schreibfrisch“ zu lesen bekommt.
Am Samstagabend war ich also mit Laura, Evelin und Violaine bei Kristina und wir haben Weinchen getrunken und Rohkost verspeist. Dabei kam dann heraus, dass Kristinas Mitbewohnerinnen zum Teil irgendwo in Italien festsaßen, da das ganze Wochenende Zugstreik war. Als ich das hörte, wurde ich leicht panisch, da ich ja am nächsten Morgen mit Roberta mit dem Zug nach Livorno fahren wollte. Ich habe ihr dann geschrieben und sie hat Agostino kontaktiert, der sich weiter erkundigt hat. Und es stimmte, es war Zugstreik, aber bis neun Uhr konnte man noch fahren. An einem Sonntag zu streiken ist auch super, liebe Italiener! Und Roberta hatte unsere Tickets am Samstag gekauft und der Doofmann am Schalter hat auch keinen Pieps vom Streik gesagt. Wir konnten wenigstens bis Empoli mit dem Zug fahren und von da hat uns Agostino dann dankenswerter Weise abgeholt. Allerdings kam er etwas zu spät und wir mussten noch vor dem Bahnhof warten. Da standen auch zwei Politessen, die scheinbar Langeweile hatten, da sie auf uns zu kamen und fragten, ob wir unsere Ausweise dabei hätten. Mir schien das erstmal ein italienischer Brauch, mal eben so Leute zu checken, aber Roberta war das auch noch nie passiert. Die eine hat dann auf einem Schmierzettel alle Daten von Robertas Führerschein abgeschrieben und es stellte sich heraus, dass sie aus Neapel war, also aus der Nähe von Robertas Zuhause. Die andere wollte dann meinen Ausweis haben und bei der Übergabe habe ich erstmal zur Verteidigung „Ich bin Deutsche!!!“ gesagt. Das fanden die beiden sehr lustig und haben sich beömmelt. Ich wollte es ja nur mal gesagt haben… So hatten wir dieses seltsame Polizei-Intermezzo, wobei ich ja bemerken muss, dass das von außen immer etwas scheiße aussieht, wenn du Polizisten vor dir stehen hast und die deine Papiere in der Hand haben und fleißig am Notieren sind. Jedenfalls gut, dass ich inzwischen meine Aufenthaltsgenehmigung beantragt habe, da kann mir ja jetzt nichts mehr passieren. Die beiden Damen haben sich dann freundlich verabschiedet und haben sich in den Bahnhof getrollt, wo alle verzweifelten Menschen vor der Anzeigetafel standen, auf der fast alle Züge „soppressi“ waren, also nicht verkehrten. Wenig später kam dann Agostino angefahren und wir sind Richtung Livorno gestartet, was noch mal so 45 Minuten von Empoli entfernt ist. Dann haben wir überlegt, was wir am Vormittag noch so machen und da habe ich angemeldet, dass ich ganz dringend das Meer sehen will. Also sind wir erstmal auf eine Küstenstraße gefahren und da dann auch ausgestiegen. Und das Meer war soooooooo schön, ich habe mich den ganzen Tag darüber gefreut. Das Wetter war so lala, zwischendurch hatte es immer wieder genieselt, einmal auch geschüttet, aber die Sonne kam auch ab und zu raus und es war nicht kalt. Wir waren dann an einem Strand, der statt Sand ganz viele Steine in tollen Farben hatte und das war irgendwie schon sehr seltsam für mich. Man steht Anfang Dezember am Meer, ohne im Urlaub zu sein, und die milde Luft streicht um einen herum. Toll, toll, toll! (Fotos in der Galerie!)
Anschließend sind wir nach Montenero gefahren, wo eine Wallfahrtsstätte ist, da dort vor ein paar Jahrhunderten ein Marienbild aufgetaucht ist, was jetzt verehrt wird. Um die Kapelle herum befindet sich ein Gang, in dem die ganzen Votivbilder hängen und die Leute für den Schutz Marias bei Unfällen und Katastrophen danken. Zu vielen Sachen wurden auch Bilder gemalt, so dass da überall Kinder unter der Kutsche, Leute in Seenot, kaputte Autos, Fensterstürze und sonstige üble Verletzungen zu betrachten sind. Oder Hemden mit Blut, wo ein Loch von Stierhorn zu sehen ist oder eines, wo der Soldat durch eine Marienplakette um seinen Hals überlebt hat, da die Kugel genau da rein gehauen ist und ihn nur wenig verletzen konnte. Alles sehr unheimlich!
Nachdem wir uns das viele Übel betrachtet hatten, sind wir dann nach Livorno runter gefahren, wo Agostino mit seinen Eltern lebt. Seine Mutter hatte gekocht und das sehr lecker, aber natürlich auch sehr viel. Pasta, Salat mit Fleisch, Obst, Nachspeise aus Sizilien und Schokolade wurde in uns reingestopft, so dass einem danach das Bewegen doch etwas schwer viel. Die Eltern waren sehr nett, wobei ich teilweise große Verständnisprobleme hatte, besonders bei der Mutter. Zu ihrem südlichen Einschlag in der Sprache hat sie noch sehr leise und auch irgendwie seltsam geredet. Das war dann schon mal ein Vorgeschmack auf das nächste Wochenende im Großraum Neapel, wo ich wahrscheinlich keinen verstehen werde und völlig geknickt zurückkomme. Aber ich habe ja meine Dolmetscherin dabei, Roby muss mich dann immer retten.
Nach dem Essen sind wir dann zur Strandpromenade gegangen und ich habe noch mal darüber gefreut, wie toll das Meer ist. Dann waren wir noch auf einer kleinen Festung beim Hafen und haben ein wenig das bunte Treiben im Hafenbecken verfolgt. Währenddessen braute sich eine ganz miese Wetterfront über dem Meer auf und wir haben uns beeilt, noch mal in die Innenstadt zu laufen. Da gibt es ganz viele Geschäfte, ein Markt war auch aufgebaut und es war unglaublich voll für einen Sonntagabend.
Nach dem kleinen Stadtbummel mussten wir uns dann wieder Richtung Empoli aufmachen, in der Hoffnung, dass die Züge wieder fahren. Unterwegs hat es geschüttet, aber dann auch wieder aufgehört. Wir kamen genau so am Bahnhof an, dass wir einen verspäteten Zug nach Siena bekommen haben und in Siena kam dann sofort unser Bus nach Hause, kaum zu glauben, das passiert wirklich sehr selten. Zu Hause angekommen habe ich erstmal mit meiner Mami telefoniert und später noch lange mit Roby geschnackt. Bei unseren Gesprächen kommt oft mal ein völliger Sprachmurks raus, so dass wir darüber nachdenken, ein eigenes Wörterbuch anzulegen, wo wir die von mir erfundenen italienischen Wörter und andere Kuriositäten festhalten, die dem „Italeutsch“-Mischmasch entstammen, den wir täglich produzieren.
Montag war die Uni nicht sehr erhebend. Im Übersetzungskurs haben wir uns über eine Legende zum Chianti-Wein hergemacht und im Jüdischen-Schriftsteller-Kurs bin ich eingeschlafen, da meine Linsen nicht so recht mit der trockenen Heizungsluft kompatibel waren und ich meine Augen mal kurz schließen musste. Caterina hat mich dann wieder geweckt. Die Tante vorne hat die ganze Zeit irgendwas erzählt, was unser Interesse nicht unbedingt geweckt hat. Alle Studenten haben irgendwas anderes nebenbei gemacht und als es mal wieder ans Vorlesen ging, sind viele geflüchtet. Jetzt darf ich da gleich wieder hingehen und freue mich schon maßlos. Aber ich denke, morgen muss ich mal wieder dringend auf den Markt gehen und kann nicht am Kurs teilnehmen. Und dann hört der Kurs erstmal auf und ist nur noch dreimal im Januar, dem Himmel sei Dank! Die Prüfung könnte dann sehr eklig werden, die kommt dann Ende Januar oder im Februar. Von Dante und Petrarca mal ganz abgesehen… Hilfe!
Aber jetzt freue ich mich erstmal auf die Tage in Ravello und Neapel. In der Nacht zu Freitag fahren wir los nach Ravello, Sonntag oder Montag werde ich dann zu Djami (Kommilitonin aus Berlin) nach Neapel fahren und in der Nacht zu Dienstag geht es dann wieder nach Siena zurück, wo mich nur noch vier Tage erwarten, bis ich endlich am 16.12. morgens um fünf in den Zug steige, um nach Pisa zu fahren und dann über Köln nach Berlin zu fliegen.
Birillo schleicht grade wieder durch mein Zimmer und versuch,t sich unauffällig dem Mülleimer zu nähern. Aber heute nicht, mein Freund! Die Schranktür in der Küche ist auch wieder repariert, so dass seinem Müllvandalismus erstmal der Riegel vorgeschoben ist. Aber es wird bestimmt nicht lange dauern, bis er sich etwas Neues ausgedacht hat, der alte Stinker. J
Nach der Uni ziehe ich heute noch mal mit Laura los, um eventuelle Geschenke für Weihnachten aufzutreiben, aber diese Mission ist hier wirklich schwierig bis unmöglich. Wir werden sehen, vielleicht gelingt mir heute ja der große Geschenkecoup!
In diesem Sinne verabschiede ich mich! Macht’s schön, wir hören uns nach meinem Trip gen Süden wieder!